Spaß-Upgrade für Gast-Vespa V50
2021
Neulich habe ich mich einer Pflege-Vespa angenommen. Die Hübsche sprang (mit etwas Bremsenreiniger) wohl an, aber qualmte, stank und fuhr beschissen. Das soll sich ändern. Eine komplette Motorrevision war angedacht, dann aber doch nicht nötig. Selten ein 40 Jahre altes Mopped in besserem Zustand erlebt.
Allerdings hatte die Vespa vermutlich auch seit 40 Jahren keinen richtigen Service erlebt, also gab es auch ohne den Motor öffnen zu müssen genug zu tun - und zu optimieren.


Setup
Stand 09/2021 | 5.500 km
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Zylinder
DR 75
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Vergaser
Dellorto 16.16
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HD
72
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Zündung
SIP PERFORMANCE by VAPE Sport
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Zündzeitpunkt
19°
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Kerze
NGK BR7HS
Bestandaufnahme
Selten, überraschend und sehr erfreulich: komplett unverbastelter Originalzustand.
Auch wenn es etwas schmerzt: das wird sich nun ändern. Das gute Stück soll ja schließlich nicht ins Museum, sondern wieder auf die Straße.
Also erstmal alles raus und begutachten. Selbst die Reifen und die Bowdenzüge scheinen noch zur Erstaustattung zu gehören. Das Motoröl sieht aus wie neu, aber selbst das könnte bei den läppischen paar tausend Kilometer auf dem Tacho noch das Originale aus der Vespa-Fabrik sein. Spätestens beim Ablassen des Öls war klar, dass das Öffnen des Motors nicht stattfinden wird. (Schade eigentlich. Hatte ich Bock drauf.)
Mein Résumé
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Wartung:
Neue Reifen, neue Bowdenzüge inkl. Mantel, Zündkabel, Kerzenstecker, Öl.
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Für den Fahrkomfort:
bessere Stoßdämpfer vorne und hinten
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Für den Fahrspaß:
DR75 Zylinder, kontaktlose Zündung, verstärkte Kupplungsfeder und neue Beläge.
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Für die Optik
Nur ein bisschen aufpolieren.
Außerdem ist die Sitzbank durch. Das nimmt der Besitzer aber selbst in die Hand. Ist mir recht. Aufpolstern und Nähen ist nicht gerade meine Lieblingsbeschäftignug.
Mehr Hubraum = mehr Drehmoment = mehr Spaß.
Ziel des 75ccm-Upgrades ist für mich weniger die Endgeschwindigkeit als vielmehr Kraft und Drehmoment. Das Vespa V50-Originalsetup taugt vielleicht gerade so noch im Flachland an der Küste, wenn aber Hügel oder gar so etwas wie "Berge" ins Spiel kommen, fällt man damit glatt um. Da ist jede Oma auf dem E-Bike schneller...
Der Aus- und Einbau ist ziemlich einfach und auch für wenig erfahrene Schrauber kein Problem. Eine ausführliche Anleitung gibt es zum Beispiel hier: http://www.franks-vespa-garage.de/2014/03/montage-zylinder-und-kolben-smallframe/
Die Kupplung
Damit die gewonnene Mehrleitung auch ordentlich am Getriebe ankommt, empfiehlt sich eine stärkere Kupplung.
Ich setze hier gerne auf eine Vier-Scheiben-Kupplung (statt der original drei Scheiben) in Verbindung mit einer verstärkten Kupplungsfeder. Allerdings sollte die verstärkte Feder auch nicht unbedingt aus dem High-Performance Rennsportzubehör stammen, dann braucht es nähmlich eine sehr kräftige linke Hand...
Räder und Fahrwerk
Zu guter Letzt muss die Leistung nun vom Getriebe auch noch auf die Straße. Dabei helfen "gescheite" Stoßdämpfer (die Originalen sind eher so Schaukelpferd-Federn) und natürlich die Reifen - der einzige Kontakt zur Straße muss funktionieren, sonst wird's blöd.
Neue Bowdenzüge
Wenn man den Dreh mal raus hat, ist es eigentlich gar nicht so aufwändig die kompletten Züge zu tauschen und einzustellen. Ein bisschen fies war, dass im Originalen die beiden Schaltzüge ca. 15cm unter dem Lenkkopf mit einem Alublech zusammen geschweißt sind. Muss man erstmal drauf kommen...
Wenn man schon an den Zügen ist, lohnt es sich auch immer Gas- und Schaltgriff komplett auszubauen und sauber zu machen. Die Stangen verdrecken leicht und dann helfen unter Umständen auch keine neuen Züge um Gas und Schaltung leichtgängig zu machen.
- Alte Züge herausziehen
- Doppelt so langen "Zug" einfädeln (gibt es im Baumarkt für kleines Geld als Meterware)
- Neue Hülle auf den “Montagezug” drauf führen
- Mit einem Schraubnippel am Ende der neuen Hülle den Zug sichern bzw. “verschließen”
- Durchziehen, bis neue Hülle eingefädelt ist
Sehr hilfreich zum Einstellen der Schaltung und Kupplung ist eine Seilzugzange zum bequemen Vorspannen der Züge. Dabei am besten noch ein Stück von einer alten Hülle als "Distanzstück" vorne dran stecken. [Video]
One Kick Only - kontaktlose, variable Zündung
Nicht ganz billig, aber jeden Cent wert ist die kontaktlose Zündung mit variablem Zündzeitpunkt von SIP. Die Vorteile sind: höherer Drehmoment, bessere Stromversorgen (Licht und Blinker funktionieren auch im Leerlauf), starker und zuverlässiger Zünkfunke, wartungsfrei, breiteres Drehzahlband nach oben und die Vespa läuft insgesamt ruhiger. Zum Einbau sind ein paar Spezialwerkzeuge notwendig: Polradabzieher, eine Gradscheibe und ein Kolbenstopper (der sich auch einfach aus einer alten Zündkerze basteln lässt).
Vergaserabstimmung
Zu guter letzt wollen die neuen Setup-Komponenten aufeinander abgestimmt werden. Vor allem über die Vergaserbedüsung und -Einstellung. Auch der Zündzeitpunkt und evtl. die Zündkerze müssen nach einigen Testfahrten evtl. nochmal angepasst werden. Was in der Werkstatt gut funktioniert, kann bei einer längeren Fahrt mit heißem Motor wieder ganz anders aussehen.
Dann nur noch nebenbei den Blinkerschalter fixen und ab auf die Straße - ähm auf die Rennstrecke. Selbstverständlich nur auf die Renstrecke. ;-)
